Wer bei Casinos in erster Linie an Las Vegas typische Reizüberflutung denkt, der sollte sich einmal im Leben in die Tiefen Kaliforniens und Nevadas wagen. Solange bis anstatt eines hübsch-hässlichen Freizeitparks mit Wüstenklima, nur noch Wüste mit einem kleinen Rest menschlichen Bedürfnises nach Freude und Unterhaltung übrig bleibt.
Dieses Urding unserer Existenz hält sich hier recht tapfer aufrecht. Von Geltungsbedürfnis kann in einer so lebensfeindlichen Gegend wohl kaum mehr die Rede sein. Man möchte denken, der Mensch hält sich demütig zurück im Angesicht brennender Naturgewalt. Und dennoch – er versucht…
Und so landet der Reisende an einem Ort, der mehr einer Traumdarstellung Kästners ähnelt, als einem wirklich (!) existierenden (!!) Etwas.
Einem Ort, an dem man sich auf 200 Meilen genausogut auf dem Mars befinden könnte, aber Katzen immer noch Katzen sind.
Wie viel des historischen Charmes tatsächlich älter ist als einige Jahrzehnte, sagt einem natürlich niemand so genau.
So saß ich abends rätseld vor dem Spiegel und hätte zu gerne gewusst, ob die ersten Damen, die es mir gleichtaten glamuröse Showgirls waren, oder von Hitze und AirCon geplagte Touristen. Wahrscheinlich war es letzteres. Zu schade…
Vom LA International Airport (vielen Dank an Susan Raye für den damit immer einhergehenden Ohrwurm) nach Kailua-Kona sind es Luftlinie gut 4.000 Kilometer.
Gut möglich, dass Hawaii der perfekte Ort für jeden leicht auf der Fassung zu bringenden Touristen ist. Die Insel kommt idyllischen Werbeprospekten recht nahe!
Unendliches Blau
…
An diesem Stand bekam man endlich die lang ersehnten Schildkröten zu Gesicht.
Boston, die Stadt der so unglaublich kreativ benannten Boston Tea Party und urbaner Idealtyp Neuenglands lässt seine Besucher an jeder Ecke den so typischen „american spirit“, den Drang nach Freiheit spüren und auch wenn dieser ein allgemeines Phänomen der USA ist, so wird gerade in diesem Zusammenhang doch immer sehr der East Coast-, West Coast-Unterschied deutlich, vor allem bei einer Tour durch die großen und alten Städte der Ostküste.
Während die Westküste mit ihren endlosen Highways, schnurgerade Wüstenstraßen, unglaublich kurvigen Küstenwegen und 1950s Diners vor allem dem (gewissermaßen) modernem Wookstock Freiheitsdrang entspricht, umgibt die Ostküste, damit allen voran Boston, ein ganz anderer, reiferer Freiheitsgedanke. Die Urform dessen: Independence
Es wäre naiv zu glauben, das Wissen über den Beitrag Bostons zur Unabhängigkeitsgeschichte Amerikas sei nur wenigen Geschichtskennern vorbehalten und der Rest der Welt spaziere beim Gang durch die Stadt durch ein ihm völlig austauschbar scheinendes Häusermeer. Man ist sich dem historischen Erbe in der Stadt natürlich sehr wohl bewusst und setzt äußersten Wert drauf, dieses an jeder Straßenecke und Weggabelung aufs Neue durch ein paar hundert Jahre alte (nach amerikanischem Standard also höchst historisch, praktisch antike) Gebäude mit entsprechenden Informationstafeln oder auch dem „Freedom Trail“ medial und touristisch zu nutzen.
So ironisch Teile dieses kurzen Berichtes nun klingen vielleicht klingen mögen, es macht wirklich Spaß, an verregneten Herbstnachmittagen ausgestattet mit einem guten Regenschirm und warmen Mantel durch die Stadt zu schlendern, um einfach einmal zu sehen, wohin diese auffällig unauffälligen historischen Sehenswürdigkeiten rund um den „Freedom Trail“ führen.
Geht man die abendliche Unterhaltung in Boston ähnlich spontan an wie obiges Projekt, kann ich versprechen, dass man ebenfals auf seine Kosten kommen wird. Zwar spielt sich das Bostoner Nachtleben nicht wie in manchen legendären Metropolen auf den Straßen ab („One Night in Bangkok…“), dafür aber in den hunderten Pubs und Bars der Stadt. Dennoch ist dies eine Tatsache, die Reiseführer ablehnende, Hongkong und Bangkok verwöhnte, Spontanreisende erst einmal gelernt haben müssen.
Auch sollte man darauf vorbereitet sein, dass einige dieser Vielzahl an Pubs und Bars nicht übersichtlich auf einer Laufstrecke liegen, sondern gerade so, dass Pub A versichert sein kann, seine Stamm- und Laufkundschaft nach einer langen Nacht nicht mehr an die Konkurrenz aus Pub B verlieren zu können, denn eben diese Stammkundschaft wäre zu einem solchen Gewaltmarsch weder physisch noch mental in der Lage.
An jenem besagten regnerischen Herbstabend führte das nun also dazu, dass man anstatt des erhofften urigen Pubs am Bostoner Hafen nur einen verlassenen und einen mit geschlossener Gesellschaft vorfand. Die aus eben genannten Gründen abweichenden Öffnungszeiten waren nun aber definitiv nicht auf Google Maps, dem modernen besten Freund eines jeden Reisenden zu finden.
Kombiniert mit der mathematisch nicht belegten Tatsache, dass die Wartezeit auf Uber und Taxi Services mit schlechter werdenem Wetter exponentiell steigt hieß das Folgendes: Man hatte Zeit, sehr viel Zeit, sich mit dem ruhigen (um nicht zu sagen höchst langweilig und eintönig scheinenden) Bostoner Hafenviertel sehr genau auseinanderzusetzen. Regenschirme schützen auch nicht vor Wind und Kälte, also ging es in eine dunkle Gasse direkt am Kai, von welcher aus man die Lichter der wesentlich belebteren Stadt am anderen Ende des Hafenbeckens ein kleines bisschen neidisch beobachten konnte. Die Stimmung war einem dieser typischen Werke der Großstadtlyrik irgendwann um die Jahrhundertwende nicht unähnlich…
[…] Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle, Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen Und lila Quallen liegen – bunte Öle; […]
(Auf der Terrasse des Café Josty – Paul Boldt)
Monate später habe ich durch Zufall erfahren, dass der Platz am Hafen, an dem ich etwas unfreiweillig einen Teil meines Abends verbrachte, den ich im Zuge dessen in seiner Art aber doch auf eine Art schätzen lernte, ein beliebtes Ziel für Fotografen auf der Suche nach einem charakteristischen Boston Motiv ist. Obwohl ich nur wenig Wissen über Photographie habe muss ich sagen, ich verstehe, wie beeindruckend und schön der Blick auf die Stadt von diesem kleinen Ort aus ist.
Nicht nur im Regen und bei Nacht halte ich Boston für ein wunderschönes Reiseziel, perfekt für jeden, der den schnörkelig-historisch-modernen Ostküstenflair liebt, sondern auch ganz allgemein erlebte ich die Stadt gerade zu den unmöglichsten Zeiten als besonders beeindruckend.
Wer also kein Nachtmensch ist oder nicht lieber von Anfang an die richtigen Restaurants während ihrer tatsächlichen Öffnungszeiten besucht, dem kann ich nur ans Herz legen, einmal irgendwann zwischen 5 Uhr und 7 Uhr morges durch die Stadt zu gehen. Die meisten Geschäfte sind zu dieser Zeit zwar noch geschlossen, aber es reicht allemal um sich bequem einen Bagel und einen schwarzen Kaffee bei Starbucks zu holen und anschließend dem berühmten Boston Market noch vor dem ersten Besucherstrom beim Aufwachen und Aufbau zuzusehen.
(Von dem wunderschönen Laternenlicht auf den roten Mauern und Straßen im Morgennebel ganz zu schweigen.)